ein Mensch – eine Stimme

Nein, unter dem in englischer Sprache wohl bekannteren Motto ‚one man – one vote‘ will ich heute nicht auf die unerträgliche, mit dem Wort ‚Demokratiedefizit‘ geschönte Tatsache hinaus, dass die Wahl zum europäischen Parlament nicht diesem Prinzip genügt, ganz zu schweigen davon, dass dieses Parlament in Europa gar nicht die Macht hat.

Sondern ich will hier der Frage nachgehen, ob man wählen sollte, oder lieber nicht, und ob man nicht besser eine Partei wählen sollte, die schon im Parlament ist. Ich tue dies, weil ich immer wieder gefragt oder darauf angesprochen werde.

Nun ist alle Theorie grau, lasst Beispiele um mich sein:

1) Wählen oder nicht?

Wir haben 101 Wahlberechtigte und ab 5 erhaltenen Wählerstimmen  kommt man ins Parlament. Die Prognose für die CDU sei 38% der Stimmen, die der Piratenpartei 2%. Nun gehen von den 101 Leuten nur 50 zur Wahl.

Wenn ich nun ganz kurz vor 18:00 Uhr als quasi letzter (und damit 51.) Wähler noch schnell überlegen könnte (und die anderen hätten brav das gewählt, was sie immer wählen), ob und was ich wähle, dann passiert folgendes:

– wenn ich CDU wähle (kids: dont try this at home!), geht deren Stimmenzahl von 19 (38% von 50) auf 20 hoch, macht  39,22 % (! 20/51) und die Piratenpartei bleibt bei 1 (2% von 50)  Stimme fällt aber auf 1,96% (1/51).

– wenn ich NICHT wähle, bleiben die Stimmzahlen gleich, die CDU erhält 38% (19 von 50) und die Piratenpartei 2% (1 von 50).

– wenn ich irgendetwas anderes wähle außer CDU und Piratenpartei, dann gibt es 51 abgegebene Stimmen und die CDU landet bei 37,25% (19 von 51), die Piratenpartei bei 1,96% (1 von 51).

– wenn ich Piratenpartei wähle (yes!),  dann landet die CDU wieder bei 37,25% (19 von 51), die Piratenpartei erreicht dann 3,92% (2 von 51).

Mit anderen Worten (in diesem Beispiel): wenn ich nicht CDU-Anhänger bin, aber nicht zur Wahl gehe, schenke ich der CDU 0,75 % ! Von einem CDU-Wähler bekommt die CDU 1,22%, als Nichtwähler unterstütze ich die CDU also mit fast 2/3 (genauer 0,61) meiner (nicht abgegebenen) Stimme!

Die Piratenpartei kostet mein Nichtwählen (als Nicht-Pirat) hingegen nur 0,04%, wohingegen ein Piratenpartei-Wähler mit einem Plus von 1,92% zu Buche schlägt.

Wenn sie also keine einzige von den anderen Parteien für wählbar halten, dann schenken Sie der CDU nicht 2/3 ihrer Stimme durch Nichwählen sondern raffen Sie sich auf und wählen Sie die PIRATEN! Selbst wenn wir trotz Ihrer Stimme nicht die 5%-Hürde knacken, es lohnt sich :-).

[Teil 2) „Stimme verschenkt?“ folgt morgen!]

7.6. Nachdem es nun doch nicht ‚morgen‘ geklappt hat (Wahnsinn was bei uns Piraten aktuell abgeht!):

2) Stimme verschenkt?

Ich gebs zu: ich habe auch schon einmal ‚taktisch‘ gewählt. Ist aber schon Jahrzehnte her und hat nichts gebracht. Wie sollte es auch? Wenn eine Partei ohnehin schon 2 Millionen Stimmen bekommt, dann macht meine da keinen Unterschied. Sie wäre auch ohne meine Stimme ins Parlament gekommen. Wer da im Nachhinein ein besseres Gefühl hat, hat das sicherlich nicht deswegen, weil seine Stimme ausschlaggebend war. Wenn man mit seiner Stimme beim taktischen Wählen dagegen auch Standpunkte mitunterstützt, hinter denen man gar nicht steht, fühlt man sich danach womöglich auch einfach schlechter.

Ich denke man sollte genauso wählen, wie man auch erwartet, dass andere Leute wählen, aus Überzeugung. Werden wir am Ende nur deswegen von diesen Nasen regiert, weil alle taktisch wählen? Verdient hätten wir es dann.

Eine Antwort to “ein Mensch – eine Stimme”

  1. die ennomane » Blog Archive » Überlegungen zur Europawahl (feat. Wahlempfehlung) Says:

    […] nicht wählt, schenkt seine Stimme anteilig den etablierten Parteien. Rein rechnerisch ist jede nicht abgegebene Stimme etwa zur Hälfte eine Stimme für die CDU, weil Nicht- und Ungültigwähler nunmal völlig aus der Rechnung fallen, wenn die […]


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